Osteopathie

Osteopathie ist eine über 100 Jahre alte ganzheitliche Therapieform, die von dem amerikanischen Arzt Dr. Taylor Still (1828-1917) in Kirksville, Missouri begründet wurde.
Still entwickelte diese Art der Therapie aufgrund seiner Überzeugung, dass der Körper Selbstheilungskräfte besitze, die man durch den Einsatz der Hände aktivieren könne.

Bewegung heißt Leben - Leben heißt Bewegung: Das bedeutet, dass  Einschränkungen von Beweglichkeit Beschwerden auslösen und letztendlich auch zu Krankheiten führen können.
Diese Beweglichkeitsstörungen werden vom Osteopathen behandelt, mit dem Ziel die Selbstheilungskräfte und die Selbstregulierungsmechanismen zu aktivieren.

"Krankheit ist [...] ein Ergebnis, keine Ursache.
Krankheit ist das Ergebnis gestörter vitaler Gesundheit."

Die vier  Säulen der  Osteopathie
  1.  Der Körper ist eine ganzheitliche Einheit aus Körper, Geist und Seele.
  2.  Der Körper verfügt über Selbstheilungskräfte, Selbstregulierungsmechanismen und Gesunderhaltungssysteme.
  3. Der Körper besteht aus Gewebestrukturen, deren Form und Funktion untrennbar miteinander verbunden sind.
  4. Die osteopathische Therapie basiert auf der Körper-Geist-Seele-Einheit, der Aktivierung der Selbstheilungskräfte und der untrennbaren Beziehung zwischen Gewebeform und Gewebefunktion.
Die drei Bereiche der Osteopathie
Parietale Bereich
Als Still vor fast 140 Jahren das Konzept und die Prinzipien seiner Osteopathie präsentierte, beschränkte sich der Gegenstand seiner Medizin vorwiegend auf den Stütz- und Bewegungsapparat des Menschen, also jenes System aus Knochen, Gelenken, Muskeln, Sehnen, Bändern und Faszien, das dem Körper Halt gibt und Bewegung ermöglicht. Heute bezeichnet man diesen Bereich der Osteopathie auch als parietale Osteopathie. Ihr Gegenstand ist das Lösen von artikulären, muskulären und myofaszialen Dysfunktionen.

Mit der parietalen Osteopathie werden klassischerweise orthopädische Beschwerden wie Schmerzen und/oder Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule, Nackenverspannungen, Schulter-Arm-Syndrom, Haltungsschäden und Gelenkschmerzen behandelt. Auch nach orthopädischen Operationen, wie z.B. an Hüfte oder Knie, kann parietale Osteopathie begleitend wirksam eingesetzt werden.

Der Cranio-Sacrale Bereich
Aufgrund seiner Erfolge als praktizierender Osteopath und der stetig wachsenden Nachfrage nach seiner neuen Medizinform gründete Still 1892 in Kirksville, Missouri, die weltweit erste Osteopathieschule. Einer seiner Schüler war William Garner Sutherland (1873-1954), der in den 1930er-Jahren die Osteopathie um den cranio-sakralen Bereich erweiterte.

Ausgangspunkt seines neuen Konzepts war die Betrachtung der Suturen einzelner Schädelknochen, die ihn an die Kiemen eines Fisches erinnerten. Sutherland mutmaßte daher, dass ein atemähnlicher Mechanismus, den er später als Primären Respiratorischen Mechanismus (PRM) bezeichnete, feine zyklische Bewegungen ermögliche, die, wie er palpatorisch feststellte, über die Hirn- und Rückenmarkshäute an den einzelnen Schädelknochen entlang der Wirbelsäule bis hin zum Kreuzbein (Os sacrum) erspürt werden können. Aufgrund dieser anatomisch-funktionellen Verbindung wird dieser Bereich der Osteopathie als craniosakrale Osteopathie bezeichnet und die feinen Bewegungen als cranio-sakraler Rhythmus. Dieser Rhythmus stellt einen körpereigenen Automatismus vergleichbar dem Atem- und dem Herzrhythmus dar. Er beeinflusst den Stoffwechsel des gesamten Organismus und fungiert als ein Regulationssystem, das der Osteopath diagnostisch palpieren kann. Ertastet werden dabei die Amplitude, Symmetrie und Stärke des cranio-sakralen Rhythmus. Mit sehr feinen manuellen Techniken kann dann therapeutisch auf ihn eingewirkt werden.

Obwohl es für den PRM und dessen Rhythmus diverse Erklärungsmodelle gibt, muss festgehalten werden, dass diese bislang wissenschaftlich nicht belegt werden konnten. Dennoch arbeiten Osteopathen und auch andere Therapeuten erfolgreich mit dem cranio-sakralen Rhythmus. Zudem hat Sutherland mit den von ihm entwickelten cranio-sakralen Techniken den vorher als starr geltenden Schädel der osteopathischen Behandlung zugänglich gemacht, sodass eine ganze Reihe unterschiedlichster Beschwerden und Erkrankungen im Bereich des Kopfes manuell behandelt werden können. Hierzu zählen u.a. pränatale und geburtsbedingte Dysfunktionen bei Neugeborenen.

Der viscerale Bereich
Die osteopathische Behandlung der Organe des Thorax, des Bauchraums und des Beckens wurde vorwiegend durch die beiden Osteopathen Jean-Pierre Barral und Jacques Weinschenck in den 1980er-Jahren in Frankreich entwickelt. Sie übertrugen die Prinzipien der parietalen Osteopathie auf die inneren Organe und entwickelten manuelle Techniken für deren Behandlung.

So lässt sich z.B. die Funktion des Gelenks als bewegliche Verbindung mehrerer Knochen auch auf die inneren Organe anwenden. Hier kennzeichnen die Anheftungspunkte zu anderen Strukturen und die gemeinsamen Gleitflächen ein „viszerales Gelenk“ und bestimmen somit dessen Bewegungsrichtungen und Bewegungsausmaße.

Tatsächlich lassen sich auch im viszeralen Bereich unterschiedliche Bewegungen palpieren: So steht hier die Mobilität für die passive Bewegung eines Organs aufgrund der Atembewegung des Diaphragmas. Die Motilität beschreibt die Bewegung eines Organs im Raum und unterscheidet zwischen einer Inspir- und einer Exspirphase. Die Motrizität schließlich steht für die passive Bewegung eines Organs aufgrund der Motorik des Bewegungsapparats.

Zu den typischen Ursachen viszeraler Dysfunktionen zählen Fixationen etwa aufgrund von Verklebungen oder Ptosen. Auch können die diversen haltenden und bindenden Strukturen wie Ligamente, Mesenterien und Omenta anatomisch oder funktionell bedingt die Bewegungen der einzelnen Organe einschränken.

Das wesentliche Ziel der viszeralen Osteopathie besteht darin, die Bewegungseinschränkungen innerer Organen zu lösen, damit diese wieder ihre Funktionen in vollem Umfang ausüben können.